Rezi: Steffen Weinert „Von der Kunst die Ideen fließen zu lassen“

Ich erhielt vom Autor Steffen Weinert ein kostenloses Rezensionsexemplar mit der Bitte, sich mit dem Buch eingehend zu beschäftigen. Dem weiteren Wunsch, auf meinem Blog darüber zu schreiben, komme ich gerne nach.

Das Werk „Von der Kunst die Ideen fließen zu lassen“ trägt den Untertitel „44 Ideen zur Erlangung von Meisterschaft beim Schreiben und Erfinden“. Für mich ist er zweifach problematisch. Einerseits halte ich die Formulierung „44 Ideen zur Erlangung der Meisterschaft im Schreiben und Erfinden“ für stilistisch besser, andererseits gefallen mir Superlative nicht. Es wimmelt von Büchern der Art „X Wege um Y zu erreichen“, seien es Diäten, ein athletischer Körper, Verabredungen mit hübschen Frauen oder die erste Million Euro. Marktschreierische Schlagzeilen findet man häufig, doch meiner Erfahrung nach sind es eher die stillen Titel, welche den größten Nutzen bringen.

Der Untertitel ist merkwürdig: „Schreiben und Erfinden“. Tante Wiki bezeichnet Erfinden als „schöpferische Leistung durch die eine neue Problemlösung, also die Erreichung eines neuen Zieles mit bekannten Mitteln oder eines bekannten Zieles mit neuen Mitteln oder eines neuen Zieles mit neuen Mitteln ermöglicht wird.“  Der Untertitel verspricht also eine Verknüpfung von Schreiben und Erfinden. Auf Nachfrage gab Herr Weinert an, dass sich sein Ratgeber an Autoren richtet, die „Fiktion“ schreiben und deshalb Geschichten „erfinden“ müssen. Der Begriff „Kreativität“ passt besser als „Erfinden“ für das, was Herr Weinert aussagen will. Warum dieses Wort vermeiden?

Betrachten wir das Inhaltsverzeichnis:

„Von der Kunst die Ideen fließen zu lassen“ Steffen Weinert

I. Besser-Leben-Strategien

1. Lernen Sie Ihre Gefühle positiv zu beeinflussen!

2. Vermeiden Sie Stress!

3. Entspannen Sie sich!

4. Bewegen Sie sich!

5. Trinken Sie!

6. Halten Sie sich von Energiedieben fern!

7. Erhöhen Sie Ihre Frustrationstoleranz!

8. Vergrößern Sie Ihre Komfortzone!

9. Treffen Sie Entscheidungen schnell!

10. Suchen Sie sich Vorbilder!

11. Suchen Sie sich Gleichgesinnte!

II. Besser-Schreiben-Strategien

12. Schreiben Sie Ihren Kopf frei!

13. Üben Sie täglich!

14. Überlegen Sie auf dem Papier!

15. Lernen Sie andere Kreativtechniken kennen!

16. Seien Sie beharrlich!

17. Definieren Sie Ihr Problem!

18. Schreiben Sie eine erste Fassung so schnell wie möglich!

19. Beginnen Sie mittendrin!

20. Finden Sie Ihre besten Schreiborte!

21. Finden Sie Ihre eigenen Rituale!

22. Finden Sie Ihren eigenen Rhythmus!

23. Überlisten Sie sich!

III. Besser-Handeln-Strategien

24. Identifizieren Sie Ihre Vermeidungshandlungen!

25. Vermeiden Sie Unterbrechungen!

26. Vermeiden Sie Multitasking!

27. Reden Sie über das, was Sie schreiben!

28. Wechseln Sie die Perspektive!

29. Schützen Sie Ihr Baby!

30. Recherchieren Sie nicht, bevor Sie nicht angefangen haben zu schreiben!

31. Identifizieren Sie Ihre negativen Glaubenssätze!

32. Nutzen Sie die Kraft von Affirmationen!

IV. Besser-Organisieren-Strategien

33. Setzen Sie sich klare Ziele!

34. Setzen Sie sich ehrgeizige Fristen!

35. Notieren Sie Ideen sofort!

36. Bauen Sie sich Ihre eigene Ideendatenbank!

37. Strukturieren Sie Ihren Text!

38. Strukturieren Sie Ihren Tag!

V. Besser-Denken-Strategien

39. Lernen Sie den kreativen Prozess verstehen!

40. Lassen Sie Ihr Unterbewusstsein für Sie arbeiten!

41. Trennen Sie die Ideenphase von der Bewertungsphase!

42. Verschaffen Sie sich Kontrolle über Ihre Gedanken!

43. Messen Sie Ihren Erfolg an Ihrer Entwicklung und nicht durch den Vergleich mit anderen!

44. Seien Sie ehrlich zu sich selbst!

Wenn ich diese Ansammlung durch die Brille eines Autors betrachte, interessieren mich die Punkte 1 bis 11 erst einmal nicht. Stress vermeiden, entspannen und positive Energien sammeln ist schön, die Nieren bedanken sich für regelmäßiges Trinken von Mineralwasser, doch zu allen diesen Themen gibt es andere Bücher, die sich ausschließlich damit befassen, und – vor allem – tiefer einsteigen!

Kommen wir zu den Strategien für besseres Schreiben. Nr. 12 fordert, täglich drei Seiten auf dem Papier zu schreiben, nicht am PC. Nr. 13 verlangt tägliches Üben. Nr. 14 dreht sich um Probleme des Outlining, z.B. den Entwicklungsschritten der Hauptfigur. Lapidar wird gefordert, sich Ziele dafür zu setzen. „In spätestens einer halben Stunde habe ich mindestens zwei Entwicklungsschritte definiert und die dazugehörigen Szenen grob umrissen.“  Für das Lösen von Problemen gibt Nr. 14 folgenden Vorschlag: „Definieren Sie zuerst Ihr Problem und stellen Sie sich dann die Frage, die zu dessen Lösung führen kann, z.B.: Was sind die Entwicklungsschritte der inneren Wandlung meiner Hauptfigur? Und dann schreiben Sie einfach los. Am besten wieder ohne eine Pause zu machen und ohne den Stift abzusetzen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass sich ein Geistesblitz einstellt, freuen Sie sich, unterstreichen Sie die Stelle und machen Sie weiter. Sie werden erstaunt sein, wie schnell Sie durch diese Technik zumindest zu Teillösungen kommen werden.“ Vorausgesetzt wird also das Wissen, was eine innere Wandlung einer Hauptfigur ist und wie man diese Wandlung als Autor exakt beschreibt. Wer das nicht weiß, steht vor einem Problem, denn die gezeigte Lösung besteht ja nur aus „Losschreiben“.

Nr. 15 fordert, andere Kreativtechniken kennenzulernen, wobei viele davon dem industriellen Sektor zuzuordnen sind.  Auf Nachfrage gab Herr Weinert an, dass diese Techniken verwendet werden, wenn mehrere Autoren an einem Projekt, z.B. einem Drehbuch schreiben. Nr. 16 beschäftigt sich mit dem Problem der Beharrlichkeit, Nr. 17 damit, ein Problem zu definieren, die Nr. 18 bis 24 ordne ich unter der Überschrift „Vermeidung von Schreibblockaden“ ein. 25 bis 29 beschäftigen sich überwiegend mit Fragen der Selbstorganisation.

Mit der Nr. 30 stehe ich persönlich auf Kriegsfuß. Herr Weinert fordert: Recherchieren Sie nicht, bevor Sie nicht angefangen haben zu schreiben! Herr Weinert sieht das so und betrachtet eine Recherche erst nach Fertigstellung der Erstfassung als notwendig. Ich sehe dies äußerst kritisch, denn eine Recherche beginnt für mich spätestens bei der Outline. Das erspart einem zeitaufwendiges Umschreiben. Man muss wissen, worüber man schreibt bevor man schreibt. Wer seine Helden im Wilden Westen des Jahres 1830 ansiedelt, ihnen aber Waffentypen in die Hand gibt, die nicht vor 1865 erfunden wurden, verliert als Autor an Glaubwürdigkeit. Ebenso falsch ist es, Kaiser Nero im Kolosseum sitzen zu lassen, denn es wurde erst von Nachfolgern erbaut. Ob man den Fehler als Autor dann in der Erstfassung überhaupt erkennt, ist für mich fraglich. Im Zweifel wird vorher veröffentlicht. Es gibt immer mindestens einen Leser, der sich gut auskennt und genau der schreibt dann eine vernichtende Rezension. Bei Amazon findet man z.B. einen berühmt-berüchtigten „Roman“: „HAARP- Der Aurora Effekt“. Liest man die Rezis dann begreift man, was mangelnde Recherche anrichtet. Ein warnendes Beispiel!

Etwas tiefer gehe ich ein auf die Nr. 37, der Story-Strukturierung. Ich zitiere folgenden Satz: „Bevor Sie mit einem größeren Werk beginnen, ist es sehr ratsam sich einige Zeit damit zu beschäftigen, wie die grobe Struktur auszusehen hat.“  Stimmt, doch wer das nicht weiß, bevor er den ersten Satz zu Papier bringt, sollte vom Bücher schreiben die Finger lassen! Für den, der das schon weiß und Hilfe bei der Strukturierung sucht, gibt es keinerlei Tipps. Der Ratschlag klingt so wie: Bevor Sie mit dem Auto eine längere Strecke fahren, ist es sehr ratsam zu prüfen, ob genügend Benzin im Tank ist.“

Nr. 37 liefert zusätzlich den Hinweis: „Die innere Entwicklung einer Figur ist das Rückgrat einer jeden Geschichte. Der Zuschauer identifiziert sich mit der Hauptfigur, durchlebt die gleichen Gefühlszustände und fiebert im Idealfall mit ihr mit.“  Ja, das stimmt natürlich, doch eine äußerst wichtige Frage bleibt offen: Wie erzeuge ich als Autor diesen Idealfall? Davon steht bei Nr. 37 nichts außer dem Hinweis, dass es Bücher über Dramaturgie gibt, z.B. die vielzitierte „Poetik“ von Aristoteles. Ein paar mehr – moderne – Buchempfehlungen hätten an dieser Stelle nicht geschadet. Auch sollte Herr Weinert berücksichtigen, dass es nicht nur Drehbuchautoren auf der Welt gibt. Viele Ratschläge bei Nr. 37 richten sich ausschließlich an diese Autorengruppe.

Das Buch enthält eine Mischung aus Vorschlägen für erfahrene Autoren (z.B. Nr. 14, bei der vorausgesetzt wird, dass man weiß wie man Entwicklungsschritte einer Romanfigur definiert) und Banalitäten wie „Machen Sie sich Gedanken über die Romanstruktur, bevor Sie schreiben“. Das wirft die Frage auf, ob die Zielgruppe des Buches exakt definiert ist.

„Ist das (die Dramaturgie) nicht sauber geplant, wird keine Spannung entstehen, sondern andere Gefühle, wie Langeweile und Enttäuschung.“ Erneut eine banale Feststellung. Wie genau plant man als Autor die Dramaturgie? Welche – konkreten, in die Tiefe gehenden – Tipps bietet das Buch an zur Lösung des Problems? Leider keine. Der Leser wird im Regen stehen gelassen. Man erfährt, dass man die Dramaturgie sauber planen soll – eine Binsenweisheit! In Analogie zum Straßenverkehr nützt einem Fahrschüler der Hinweis: „Wer sich nicht an die StVO hält, bekommt Ärger“ nichts ohne Details über die StVO. Ein routinierter Fahrer hat hingegen für den Tipp nur ein müdes Lächeln übrig. Für wen ist das Buch also geschrieben? Anfänger? Fortgeschrittene?

Fazit:

Ich bin mit dem Buch von Steffen Weinert „Von der Kunst die Ideen fließen zu lassen“ nicht warm geworden. Ich bezweifle, ob nach dem Lesen die Ideen besser fließen als zuvor. Die 44 Tipps sind größtenteils eine Ansammlung allgemein gehaltener Thesen. Es ist ähnlich wie Vorschläge in dünnen Büchern über das Abnehmen: Treiben Sie Sport, aber überlasten Sie Ihre Muskulatur nicht! Joggen Sie täglich, aber nicht zu viel! Ernähren Sie sich gesund! Achten Sie auf eine ausgewogene Zufuhr von Vitaminen!

Andere Bücher zum Thema Abnehmen präsentieren Ernährungstabellen, praktische Möglichkeiten des Kalorienzählens, Details zur gesunden Ernährung usw. Das ist der Unterschied zwischen allgemeinen Thesen und detaillierten Empfehlungen. Der Autor bezeichnet sein Buch im Vorwort als „Werkzeugkasten“, aus dem man sich bedienen soll. Viele Werkzeuge werden lediglich allgemein benannt, ohne praktischen Nutzen.

Um das zu demonstrieren, verfremde ich beispielhaft einen Teil von Nr. 37, benutze den Originaltext des Herrn Weinert und ersetze Wörter zum Schreiben mit denen über das Schweißen. So würde der Text klingen, wäre es ein Ratgeber für Heimwerker: „ Zu diesem Thema gibt es allerhand Bücher. Jeder Heimwerker sollte sich ein Grundverständnis für das Schweißen aneignen und es schadet nicht, einige dieser Bücher zu lesen. Aber seien Sie vorsichtig und tun Sie das nicht, während Sie aktuell an etwas schweißen. Denn dann besteht die Gefahr, dass Sie das Gelesene sofort anwenden wollen, Ihre Intuition flöten geht und das Schweißen zu einem Malen-nach-Zahlen wird. Ihr Wissen über das Schweißen wenden Sie am besten an, wenn es darum geht, sich die nächsten Entwicklungsschritte … zu überlegen.“ Hand aufs Herz: Könnten Sie danach – vorausgesetzt, Sie haben Grundkenntnisse – besser schweißen?

Vergleichen wir zusätzlich die Einleitung mit dem Schlusswort:

„Kommen wir gleich zur Sache: Dieses Buch ist eine Sammlung von Strategien, die mir über die Jahre hinweg geholfen haben, als Autor besser zu werden.“

Also geht es in dem Buch darum, als Autor besser zu werden, d.h. eine höhere Qualität abzuliefern? Ist es demzufolge ein Ratgeber mit praktischen Tipps zum Schreiben, der Verbesserung der Dramaturgie, der Romanstrukturierung, der inneren Entwicklung einer Romanfigur? Wird gezeigt, wie man die Leser zum Mitfiebern bringt, wie sie sich besser mit dem Protagonisten identifizieren?

Das Schlusswort sagt wieder etwas anderes:

„Falls Sie die Strategien über einen längeren Zeitraum in Ihren Tagesablauf implementiert haben, aber dennoch keinerlei Verbesserung feststellen können, liegt die Ursache Ihrer Schreibblockade vielleicht etwas tiefer, als dass man sie mit einem Buch dieser Art angehen könnte.“

Doch kein Ratgeber zur Verbesserung des Schreibens, sondern nur zum Lösen von Schreibblockaden? Ein Widerspruch zur Einleitung! Was genau ist das Ziel des Buches? Herr Weinert möchte als Ziel seiner Strategien die Gestaltung des Umfeldes verstanden wissen. Jedenfalls größtenteils.  Er schrieb mir: „Die erweiterte Zielgruppe sind alle, die Texte schreiben, denn Sie werden bei der Lektüre meines Buches feststellen, dass die von mir beschriebenen Strategien hauptsächlich darauf abzielen, wie man das Umfeld gestaltet. Nur einige wenige Strategien beschäftigen sich mit dem eigentlichen Schreibvorgang.“ Das mag das Ziel gewesen sein, doch dann ist für mich der Begriff „Schreibratgeber“ für das Werk falsch. Diese Art von Büchern beschäftigen sich mit dem Vorgang „Schreiben“ und den damit verbundenen Detailproblemen an sich. Ratgeber für positive Lebensenergie, der Gestaltung eines behaglichen Umfeldes gibt es viele am Markt. Doch, wie weiter oben angesprochen, steigen die qualitativ hochwertigen davon auch tiefer ein. Die Vermischung von Strategien der Gestaltung des persönlichen Umfeldes mit denen zum eigentlichen Schreibvorgang macht aus dem Buch des Herrn Weinert leider einen ziemlichen Gemischtwarenhandel, der von beiden Warengruppen etwas, aber zu wenig in die Tiefe gehende Auswahl anbietet. Für den Anfänger wird zu viel Wissen vorausgesetzt, ein Profi schmunzelt nur über die Tipps.

Provokant ist meiner Ansicht nach die Aussage bei Strategie 44:

Falls Sie die Strategien über einen längeren Zeitraum in Ihren Tagesablauf implementiert haben, aber dennoch keinerlei Verbesserung feststellen können, liegt die Ursache Ihrer Schreibblockade vielleicht etwas tiefer, als dass man sie mit einem Buch dieser Art angehen könnte. Vielleicht haben Sie psychische Probleme, die Sie alleine nicht lösen können. Depressionen oder verdrängte persönliche Probleme können auch eine mögliche Ursache sein. Holen Sie sich in diesen Fällen Hilfe von einem Arzt oder Psychologen.“ (Markierungen nicht im Original enthalten, sondern von mir eingefügt)

Eine andere Lösung wäre: Das Buch hilft nicht, weil es selbst nicht weiß, was es will. Liebe Leser, streichen Sie den Termin beim Arzt, gehen Sie lieber spazieren. Nebenbei bemerkt: Finde nur ich es komisch, dem Leser des eigenen Buches durch die Blume zu sagen: „Wenn dir mein Buch nicht hilft bist du reif für den Arzt“?

Ich finde es außerordentlich schade, dass ein Drehbuchautor wie Steffen Weinert, der bereits Preise gewann, nicht mehr aus dem Buch gemacht hat. Wie wäre es mit Plauderei aus dem Nähkästchen? Auf welche dramaturgischen Probleme traf er bei seiner Arbeit? Wie hat er sie gelöst? Wie haben andere Autoren Probleme gelöst? Könnte man nicht Beispiele aus bekannten Filmen besprechen, aufzeigen wie die großen Autoren in Hollywood einen Blockbuster erzeugten, welche dramaturgischen Mittel sie verwendeten? Warum die Leser nicht teilhaben lassen an einem großen Erfahrungsschatz? Es gibt am Markt bekannte und absatzstarke Bücher von Autoren, die so verfuhren: Mara Laue „Von der Idee zum fertigen Text“; Roy Peter Clarke „50 Werkzeuge für gutes Schreiben“; Sol Stein „How to grow a novel“; Elisabeth George „Wort für Wort – oder die Kunst ein gutes Buch zu schreiben“; Patricia Highsmith „Suspense: oder Wie man einen Thriller schreibt.“

Von einem Preisträger wie Steffen Weinert hätte ich mehr erwartet als die Zusammenstellung von 44 banalen Thesen wie „Schreiben Sie Ihren Kopf frei“ oder „Üben Sie täglich“. Wenn man das befolgt, fließen also die Ideen und man erlangt Meisterschaft !! beim Schreiben? Wird man Fußballmeister mit „Der Ball ist rund“ oder „Ein Spiel dauert 90 Minuten“? Es ist unglaublich schade. Man hätte einen guten Ratgeber schreiben können, ähnlich wie die oben genannten Autorinnen und Autoren.

Ferner sollte Herr Weinert zukünftig die Zielgruppe exakt definieren. Anfänger, Fortgeschrittene, Drehbuchautoren oder Romanautoren? Soll es ein Ratgeber sein, der sich detailliert mit der Gestaltung des Lebensumfeldes und einer „Wohlfühlatmosphäre“ befasst oder lieber detailliert auf den eigentlichen Schreibvorgang eingeht? Das jetzige Buch bietet für jeden einen Happen und damit – leider- für alle zu wenig. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, die Ansammlung von allgemein gehaltenen Thesen keinen Schreibratgeber. Beispiel Strategie Nr. 2: „Vermeiden Sie Stress“. Ich zitiere:

„Es gilt also die für Sie richtige Balance zwischen Anforderung und dem, was Sie leisten können zu finden. Wenn Sie negativen Stress empfinden und die oben beschriebenen negativen Anzeichen bei sich wahrnehmen, identifizieren Sie den Auslöser und tun Sie das, was nötig ist, um ihn zu beseitigen.“

Okay, wenn ich also Stress empfinde, ist es eine gute Strategie, ihn zu beseitigen! Frage: Wer weiß das nicht schon längst?

Ich zitiere Strategie Nr. 4: „Wie bereits beschrieben trägt Sport zu Ihrer allgemeinen Entspannung bei. Bewegung hat nicht nur positive Auswirkungen auf Ihre Gesundheit, sondern auch auf Ihre Kreativität. Das hat einerseits damit zu tun, dass durch Sport Stresshormone abgebaut werden, die für die Blockierung der kreativen Teile unseres Gehirns verantwortlich sind, und andererseits erhöht sich durch Bewegung der Puls und die Atemfrequenz und somit die Sauerstoffaufnahme des Körpers und damit auch die des Gehirns. […]Probieren Sie es einfach nur mal aus. Eine halbe Stunde Joggen, Fahrrad fahren oder auch nur ein Spaziergang ist dafür völlig ausreichend. Sie werden sehen, dass Sie die Energie, die Sie morgens zur Überwindung aufbringen müssen, um eine Vielfaches zurück bekommen werden.“

Frage: Für wen ist das eine neue Erkenntnis?

Zitat Strategie Nr. 5: „Trinken Sie jeden Morgen sofort nach dem Aufstehen mindestens einen halben Liter Wasser, am besten mehr. Nach acht Stunden Schlaf ist Ihr Körper dehydriert. Und dazu zählt auch das Gehirn. Dieser Flüssigkeitsmangel wirkt sich negativ auf die Denkleistung aus.“

Gähn!

Sorry, aber das ist alles so allgemein, man hat es schon hundertmal irgendwo anders gelesen. Ich bin enttäuscht von diesem Ratgeber. Er ist für mich eine verpasste Chance. Mit mehr Tiefe, mehr – tiefgehenden -Tipps aus dem eigenen Erfahrungsschatz hätte man so viel daraus machen können! So kann ein Steffen Weinert nicht im Vergleich zu den oben genannten Ratgebern von Autorinnen und Autoren bestehen, sondern er fällt in der Bewertung leider ab!

Ich nenne zum Schluss 3 Bücher zweier Autorinnen, die ich guten Gewissens weiterempfehlen kann. Sie sind in Englisch geschrieben, aber mit durchschnittlichen Sprachkenntnissen gut lesbar, richten sich an Romanautoren und behandeln die Themen Strukturierung, sowie Outlining:

„Outlining your Novel“, von K.M. Weiland

„Structuring your Novel“, ebenfalls K.M. Weiland

„Wired for Story“, von Lisa Cron

Frau Cron bringt Erkenntnisse der Psychologie und das Storytelling zusammen. Sie spricht damit – im Detail – Aspekte der Planung der Dramaturgie an. Die Bücher von Frau Weiland sind empfehlenswert für Anfänger, haben aber auch für Fortgeschrittene manchen guten Tipp. In ihrem Buch „Structuring your Novel“ bespricht sie Beispiele aus Filmen.

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Bildquelle

  • Weinert_Cover2: Steffen Weinert Coverbild Amazon.de

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