Outlining, keine schwere Sache

Outline bedeutet wörtlich übersetzt Konturen, Gliederung, Umriss oder Entwurf. Die Autorin KM Weiland hat in ihrem Buch „Outlining your Novel“ einige Tipps zusammengestellt.

Zumindest in den USA gibt es einen Kampf zwischen Outlinern und Pantsern. (Der Ausdruck stammt von dem Wort pants, Hose. Man drückt damit aus, dass sie auf ihren Hosen sitzend, während des Schreibens, die Handlung voranbringen.)

Die Outliner planen ihre Romane vor dem Schreiben, die anderen starten mit einer Idee, legen los und lassen sich überraschen, wohin die Reise geht. Es ist müßig, für eine Seite Partei zu ergreifen, da es in erster Linie darum geht, was persönlich für jeden das Beste ist. Klar ist meiner Meinung nach, dass ohne ein Mindestmaß an Planung das Vorhaben scheitert.

Frau Weiland räumt ganz am Anfang mit dem Vorurteil auf, dass der Romanentwurf so ähnlich sein muss wie die Inhaltsangabe eines Buches oder einer Facharbeit. Sie nennt als Beispiel den ersten Star Wars Film von 1977. Folgende Outline wäre eine Breitseite gegen die Kreativität:

I. Das Imperium will die Rebellion vernichten

  1. Großes Raumschiff jagt kleines Raumschiff
  2. Großes Raumschiff erzielt Treffer, bereitet die Kaperung vor
  3. Kämpfe zwischen Soldaten in weißer Rüstung und Besatzung des kleinen Raumschiffs
  4. Bösewicht in schwarzer Rüstung atmet schwer, betritt das kleine Raumschiff

Bis man danach endlich beim Punkt

II. Junger Mann von einer Farm will hübsche Prinzessin retten

ankommt, ist die Kreativität bei Null angelangt.

Welche Art des Outlining zu einem persönlich passt, muss jeder Autor für sich selbst treffen. Klar ist jedoch auch: ohne Planung geht es nicht. Ein Bergsteiger, der auf den Mount Everest will, wird sicherlich nicht anfangen zu klettern und währenddessen überlegen, wohin die Reise geht. Vielmehr wird er auf der Karte vorher die Route planen, die Ausrüstung checken und überlegen, was für Probleme während des Aufstiegs auftauchen könnten. Danach wird er prüfen, ob er jedem denkbaren Problem gewachsen ist.

Das ist das Verständnis der Outliner von der Planung eines Romans.

Für die erste Idee eine Romanhandlung ist eine Kurzzusammenfassung in einem Satz wichtig. Vielleicht fragen Sie sich gerade, ob das überhaupt geht. Ja, mit etwas Übung.

Für den Star-Wars-Film von 1977 könnte man die Handlung z.B. so zusammenfassen:

Ein Bauernjunge, der sich ursprünglich wenig zutraut, überwindet seine Selbstzweifel, tritt einer Rebellenallianz bei und rettet eine Prinzessin aus bösen Mächten und die Galaxis von einem Todesstern, der Planeten vernichten kann.

Üblicherweise hilft bei der Erstellung einer solchen Zusammenfassung folgender Lückentext:

Ein [Beschreibung] [Protagonist] mit evtl. einem [inneren Problem] muss [etwas tun], das führt zu [Konflikt] mit [Antagonist] und [Finale].

Oder:

Nachdem [etwas passiert] muss ein [Protagonist] [etwas tun], das zu [Konflikt] mit [Antagonist] führt.

Üben Sie ruhig, nehmen Sie Ihr Lieblingsbuch oder Lieblingsfilm und versuchen sie, die gesamte Handlung in einem Satz nach obigem Schema zusammenzufassen.

Es gilt jedoch langweilige Sätze zu vermeiden.

Langweiliger Satz: Eine Frau plant, ihre Schwester zu ermorden.

Besser wäre: Eine Frau, besessen von Eifersucht, plant die Ermordung ihrer Schwester, welchen den Mann heiratete, den sie schon immer liebte.

Langweilig: Zwei Liebende planen die Flucht vor ihren verfeindeten Familien, die ihre Heirat verbieten.

Besser: Zwei Liebende in einem Ghetto trotzen dem Heiratsverbot ihrer verfeindeten Familien und planen eine Flucht, die sie geradewegs in eine Katastrophe führt

Ausgehend von dem ersten Satz geht es weiter mit mindestens vier großen Momenten der Handlung, die man sich überlegen muss. (Denken Sie an die 25/50/75 % Regel und das Finale bei ca. 90 %) Oder, wie Randy Ingermanson sagt: Ein Roman besteht aus drei Katastrophen und einem Finale.

Outlining und Strukturierung hängen eng zusammen. Zum Thema Struktur hat Frau Weiland ebenfalls ein – besseres – Buch herausgebracht. (Structuring your Novel)

Zu jedem großen Moment gehören folgende Fragen:

  • Wie wird dieser Moment das Leben des Protagonisten schwerer machen?
  • Braucht man eine andere Kulisse? Wo passiert der Moment?
  • Wie reagiert der Protagonist auf das Ereignis?

Kommen wir zum nächsten wichtigen Element: Dem Gegenspieler. Das muss nicht der große Bösewicht sein, sondern es ist grundsätzlich jeder, der den Zielen des Protagonisten im Weg steht.

Nehmen wir an, ein Mädchen will Tänzerin werden. Gegenspieler könnte der Leiter der Tanzakademie sein, der ihre Aufnahme verweigert, weil

  •  er sie nach der ersten Tanzprobe nicht für gut genug hält
  • nachdem sie härter trainierte, und zum zweiten Mal vortanzt, immer noch für ungeeignet hält, weil er nicht an ihre Durchhaltefähigkeit glaubt
  • der gegenteiligen Beteuerungen seiner Stellvertreterin nicht glaubt, weil er sie für naiv hält usw.

Stehen die grundsätzlichen Romanelemente, gibt es folgende Probleme zu lösen: Das Ausfüllen der Lücken zwischen den Hauptelementen, die Erschaffung von Szenen. Bleiben wir beim Beispiel der Tänzerin.

In den ersten Szenen lernen wir sie kennen, ihren Wunschtraum, evtl. Zweifel guter Freundinnen. Dann kommt der Tiefschlag, die erste Absage. Die Tänzerin ist am Boden zerstört, zweifelt an ihrem Traum, sucht Trost bei Freundinnen, einem Freund. Schließlich trifft sie evtl. jemanden, der sie trainiert, damit sie die nächste Aufnahmeprüfung schafft. Tatsächlich gelingt es, doch der Leiter der Akademie weist sie aus anderen Gründen ab. Wieder ist sie am Boden usw.

Sie merken sicherlich, dass die Handlung zu immer weiteren Konflikten führt und der Wunsch der Protagonistin immer abgelehnt wird. Das ist auch gut so, denn nur im Finale wird der Wunsch erfüllt. Auf dem Weg dorthin lernt sie evtl. mehr über sich selbst, wie viel Opfer der Traum erfordert, usw.

Nächster Effekt: Der Leser bleibt bei der Stange.

Alles in allem ist das Buch „Outlining your Novel“ für Anfänger empfehlenswert. Ich empfehle jedoch statt des Buches eher das ebenfalls erhältliche Workbook „Outlining your Novel, Workbook“ zu kaufen.

Es enthält viele Detailfragen, Checklisten und auch nützliche Internetadressen von Blogs. Meiner Ansicht nach ist es verständlich, ohne dass man das Hauptbuch vorher gelesen haben muss. Wer dieses Workbook wirklich durcharbeitet, geht beim Outlining nicht verloren.

Facebooktwitterpinterestby feather

Bildquelle

  • Outlining: www.amazon.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert